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Buenos dias mi reina - fünf Tage im Paradies von Cartagena de Indias

Cartagena de Indias an der Karibikküste in Kolumbien zählt nach inzwischen 28 bereisten Ländern und unzähligen Orten zu meinen absoluten Top 5 Favoriten. Warum das so ist?  Ein Erklärungsversuch.

 

Ich lande am kleinen Flughafen in der Karibik. Endlich Sonne, Wärme. Zunächst muss ich mich auf der Toilette umziehen – die tropische Hitze überfordert meine Baumwollleggins. Ich stelle mich an der Warteschlange für offizielle Taxen an und als ich dran bin, begrüßt mich der Fahrer mit „Buenos dias mi reina“, was „Guten Morgen meine Königin“ bedeutet. Hier bin ich richtig. Man stelle sich vor, am Frankfurter Flughafen würde man mit diesen Worten angesprochen – so mancher Passagier würde wohl erschrocken und verwirrt das Weite suchen. Hier gehört es zum Duktus und ist ebenso ernst zu nehmen wie das „Wie geht`s dir heute?“ eines amerikanischen Verkäufers in der Shopping Mall. Aber es macht die ersten Minuten im neuen Land doch so viel entspannter. Ich freue mich über die netten Worten. Gut, ich bin als Spanierin an übertriebene Gefühlsausbrüche gewohnt, das hilft. Ich persönlich fühle mich hier verstanden. Ich schlafe für die nächsten Tage in einem Einzelzimmer für 25€ pro Nacht, habe einen Fernseher, ein eigenes Bad und weder Platz noch sonstigen Luxus. Auch keinen Toilettendeckel. Braucht man auch nicht. Denn wer in dieser Stadt im Zimmer bleibt, verpasst das wahre Leben. Ich schlendere zuerst durch die schmalen Gassen Richtung Altstadt. Die Altstadt ist von einer Mauer umzäunt und war so in Zeiten der Piraterie und Kriegen geschützt. Deshalb sieht hier alles so ursprünglich aus. Ich bin im Cartagena des 19. Jahrhunderts, so fühle ich mich. Pferdekutschen, bunte Häuser, geschmückte Balkone. Fliegende Händler verkaufen Handarbeit. Nicht die Dinge, die man in Bangkok, Shanghai und sonst wo schon tausend Mal gesehen hat, sondern individuelle, bunte Souvenirs.

Ich kaufe natürlich ein, man kann ja nicht anders. Bunte Flipflops, ein Kissenbezug, eine Tasche, Haarschmuck und Geschenke für zuhause. Wie immer denke ich zu spät darüber nach, dass das alles für den Rückflug in den Koffer passen muss. Cartagena war die Lieblingsstadt von Gabriel Garcia Marquez, dem Autor von „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“ und genau dieses Buch lese ich während meines Aufenthalts hier und finde all die schönen Plätze wieder. Nicht oft kommt es vor, dass ein über 30 Jahre altes Werk die Orte so beschreibt, wie man sie auch heute vorfindet. Ich wandle auf seinen Spuren, das macht mich ehrfürchtig. Es wundert mich nicht, dass er sich von diesem Ort so inspiriert fühlte. Die Kunst des Alltäglichen steckt hier in jedem Winkel. Auf der Plaza de la Aduana sitze ich auf einer Parkpark und schaue den Leuten dabei zu, wie sie mit entspanntem Lächeln vorbeischlendern. Mir fällt auf, wie schön die Menschen hier sind. Es mag an der außergewöhnlichen Mischung liegen. Neben mir nimmt ein älterer Kolumbianer platz und ich teile meine Gedanken mit ihm. Er erklärt mir wiederum, dass Cartagena vor vielen Jahren ein Hauptumschlagsplatz für den Sklavenhandel war. Dadurch waren Weiße, indigene Völker, Spanier und Afrikaner an diesem Ort versammelt. Der afrikanische Einfluss ist in der Musik, in den Farben, der Fröhlichkeit und in den Menschen deutlich erkennbar. Die Nachfahren all dieser Völker ergeben heute einen einzigartigen Mix wunderschöner Menschen mit dunkler Haut und grünen Augen. Mit strahlenden Augen, lautem Lachen und bunter Kleidung. Er schweigt einen Moment und fügt dann hinzu: „Gut, und Schönheitschirugie ist ein großes Thema in Kolumbien. Fast jeder hilft nach.“ Er lacht dabei ganz laut und fügt noch ein „Verstehst du?“ hinzu. Ich liebe ihn. Ich liebe sie alle hier. Ich frage ihn, ob er auch regelmäßig zum Schönheitschirurgen geht. Er sagt erstmal nix, überlegt wohl ob er mich richtig verstanden hat. Dann lacht der fast zahnlose und faltige Mann noch lauter als eben noch und sagt: „Vielleicht sollte ich es endlich mal machen, mi Amor.“ „Meine Liebe...“ Hach.... Zum Sonnenuntergang sitzt ganz Cartagena auf der alten Stadtmauer, bewundert das allabendliche Schauspiel und lässt sich von Moskitos durchlöchern. Dann gehen alle nachhause. Sie gehen los, um sich umzuziehen für die Nacht. Denn langweilig wird es einem hier nicht. Ich werde erst morgen das Nachtleben erkunden, heute muss ich früh ins Bett.

Am nächsten Tag melde ich mich um 08 Uhr morgens am Hafen mit meinem Ticket für einen Tagesausflug zur Isla Baru. Ein paar andere Passagiere übergeben sich fast auf der turbulenten Fahrt im kleinen Schnellboot. Beim Schnorchelausflug auf dem Weg bin ich wie fast immer entsetzt, wie tot die Korallen sind. Auch hier kaum noch Farbe, kaum noch Leben. Der Schnorchel Guide steht immer wieder auf den Korallen. Das beschädigt sie und sie sterben ab. Was Jahrmillionen gewachsen ist, wird durch solches Verhalten einfach zerstört. Unsere Kinder werden einmal weit reisen müssen, um Korallenriffe sehen zu können. Das tut weh. Ich weise den Guide drauf hin, er glaubt mir nicht und lächelt mich an. Er weiß es nicht besser, aber das ist ein anderes Thema. Auf der Insel selbst ist richtig was los. Die Menschen liegen eng aneinander um sich mit dem Blick auf das türkise Meer zu sonnen. Fruchtverkäufer kommen vorbei und bieten ihre Fruchtschalen für umgerechnet einen Euro an. Niemals hat Wassermelone und Mango besser geschmeckt. So süß wie die Menschen hier sind, so süß sind auch die Früchte.  Mehr gibt es hier jedoch nicht zu tun. Ein Strandtag reicht also völlig aus.

 

Am Abend, nach einer dreistündigen Siesta geht es ins Barzuto – ein legendärer Salsa Club im Herzen der Stadt. Was meine Tanzfähigkeiten betrifft, so habe ich mich ein wenig überschätzt. Denn Salsa tanzt man in Kolumbien wahnsinnig schnell und sehr, sehr eng umschlungen. Ein Kolumbianer fordert mich zum Tanz auf und ich weiß gar nicht wie mir geschieht. Es macht Spaß, aber er macht sich lustig über meinen sehr „deutschen“ Tanzstil. Frechheit. Aber er fügt noch ein „mi cielo“ (mein Himmel) hinzu. Ich verzeihe ihm alles. Allein die Menschen hier zu beobachten ist genug Unterhaltung. So viel Lebensfreude habe ich selten gesehen. Die Atmosphäre hier ist so friedlich obwohl der Club total überfüllt ist. Eng beieinander zu sein, scheint hier keinem etwas auszumachen. Im Gegenteil.Ich finde neue Freunde und wir feiern am Strand weiter. Bei Aquardiente, einem hochprozentigem, billigen und schrecklichen Nationalgetränk hören wir Musik, tanzen und sind fröhlich. Wenn man bedenkt, dass auch Kolumbien keine einfache Geschichte hat und aufgrund von Banden- und Drogenkriegen immer wieder mit großen Problemen zu kämpfen hatte, ist die Leichtigkeit um so beeindruckender.

 

Für die nächsten Tage konzentriere ich mich auf kolumbianisches Essen, vor allem Arepas, südamerikanischen Rotwein, Mojitos und schlendere herum. Lasse mich von Zigarettenverkäufern, Kellnern und Fruchtverkäuferinnen mit Königin, Himmel, Liebe, begrüßen, tanze spontan auf der Straße Salsa ohne mich dabei zu blamiere, betrachte die Sight Seeing Spots und sitze in Cafés.

 

Ich würde jederzeit wiederkommen und denke mir: Wenn ich jemals verschwinde, sucht mich in Cartagena de Indias, dem Paradies auf Erden wo alle Frauen Königinnen sind.

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